Im Detail
Nicht nur in der medizinischen Fachliteratur wird häufig vom Idealgewicht gesprochen. Fragt man, wie der zu ermitteln ist, wird fast immer auf den Body-Mass-Index (BMI) verwiesen. Dabei sind schon seit Langem die Unzulänglichkeiten dieser Methode für die individuelle Körperanalyse bekannt. Besonders bei ausgeprägter Fett- u./o. Muskelstruktur kann es zu größeren Diskrepanzen kommen. Wie ist das möglich? Viele relevante Faktoren bleiben beim BMI unberücksichtigt wie z.B. ein unterschiedlicher Knochenbau, eine unterschiedlich ausgeprägte Muskulatur bzw. ein hoher Fettanteil.
Es hat viele Versuche gegeben, diese Limitierung des BMI aufzubrechen, aber keines der vorgeschlagenen Verfahren konnte sich in der Praxis durchsetzen. Das hier vorgestellte Verfahren ist innovativ und evidenzbasiert, d.h. es basiert auf wissenschaftlichen Studien. Die Idee, welche dem System zugrunde liegt, geht davon aus, ein idealgewichtiges Kollektiv zu definieren und von diesem dann die relevanten Parameter abzuleiten. Es handelt sich sozusagen um das Ur-Meter der Körperanalyse.
Grundlage sind Messungen von W. Schlegel und seiner Assistentin G. Hopfeld an jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 30 bei Männern bzw. 17 bis 30 Jahren bei Frauen, alle wohnhaft in Hamburg und Umgebung. Die Messungen wurden in den Jahren 1955 bis 1973 durchgeführt, zu einer Zeit also, als weder Junk- noch Fast-Food mit den entsprechenden Ketten existierten. Überhaupt war die Ernährung zu jener Zeit deutlich kalorienärmer, und der Anteil Adipöser entsprach nur einem Bruchteil unserer Zeit. Das ausgewertete Kollektiv vereint also zwei Aspekte:
Kalorisch knappe Lebensweise mit der generellen Fitness junger Erwachsener.
Ein solches Kollektiv ist heute kaum noch reproduzierbar und kann somit mit einer gewissen Berechtigung als Referenz-Kollektiv bezeichnet werden. Dieses Referenz-Kollektiv lag damals meiner Studie zugrunde und führte dazu, dass erstmals dem einzelnen Individuum ein bestimmter Knochenbau (leicht/mittel/schwer) zugeordnet werden konnte (1).
Was das System nicht leisten konnte, war die weitergehende Differenzierung von Fett und Muskulatur. Dies wurde erst durch die umfangreichen Studien von M. Ashwell (2) und Kollegen möglich, die den Zusammenhang von Bauchumfang und kardiologischen Risiken intensiv untersucht haben. Grundlage war dabei das Verhältnis von Taillenumfang zur Körpergröße (engl. waist to height ratio, WHtR).
Diese Daten wurden, wo möglich, auf das Referenz-Kollektiv übertragen und in die Algorithmen eingearbeitet. Damit waren die Voraussetzungen gegeben, zusätzlich zum Knochenbau eine Differenzierung von Fett und Muskulatur vorzunehmen.
Der Verfasser ist Arzt und hat promoviert zu dem Thema „Kindliche Entwicklung und Fettsucht“. Habilitiert hat er auf dem Gebiet der Molekularbiologie.